Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran!
(Ein Jahr – es geht voran, Fehlfarben, 1982)
Eigentlich klingt die Kapitelüberschrift ja optimistisch, aber wer den Liedertext von Fehlfarben kennt, der ahnt schon, dass es anders kommen wird.
„Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran!
Spacelabs fallen auf Inseln, vergessen macht sich breit,
es geht voran!
Berge explodieren, Schuld hat der Präsident, es geht voran!
Graue B-Film-Helden regieren bald die Welt, es geht voran!
Es geht voran! Es geht voran!“
Ja, es ging auch bei mir voran. Besonders beruflich gesehen jagte ein Erfolg den nächsten und auch privat, mit meiner neuen Lebenspartnerin Andrea, wendete sich alles zum Guten. Aber mal der Reihe nach.
Trotz aller Schwierigkeiten mit meiner Ex-Frau wegen der Kinder und wegen der Unterhaltszahlungen, deren Höhe auch in den nächsten Jahren immer mal wieder ein Thema sein würde, hatte ich beruflich recht viel Glück. Eine Firma mit der mein alter Arbeitgeber immer mal wieder im Kontakt stand bekam einen neuen Geschäftsführer der sich Unterstützung für sich und sein Team wünschte.
Da ich zu dieser Firma immer recht gute Kontakte hatte, den Inhaber sehr mochte und, wie sich später herausstellte, mit einem seiner Söhne sogar beim DRK zusammengearbeitet hatte, wurde mir dort eine neue Stelle als Berater angeboten.
Der „Pate“ hätte wohl gesagt: „Ich mache ihm ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann“. Und nein, dieses Angebot konnte ich nicht ablehnen. Ich bekam als Firmenwagen einen BMW und mein Gehalt wurde verdoppelt. So etwas lehnt man nicht ab. Schon gar nicht wenn man sich selbst kein Auto leisten kann und man nicht wenig Unterhalt zu zahlen hat.
Nach einiger Zeit wurde ich sogar die „rechte Hand“ des Geschäftsführers und mein Einkommen stieg weiter an. Sehr gut dachte ich, denn aus einer Väterstudie von Prof. Dr. Gerhard Amendt vom Institut für Geschlechter und Generationenforschung (IGG) geht hervor, dass es einen bemerkenswerten Zusammenhang zwischen finanziellen Leistungen der Väter und dem Zugang zu den Kindern nach der elterlichen Trennung gibt:
„Je höher das Einkommen der Väter, desto häufiger nehmen sie an der elterlichen Sorge teil. Also: Nicht die Bereitschaft der Väter, emotionalen Kontakt zu den Kindern aufrecht zu erhalten, ist ausschlaggebend, sondern die Höhe der Unterhaltszahlungen.“
Mit Daten belegen die Bremer Sozialforscher, dass gut gebildete Männer, die auch nach der Scheidung überdurchschnittlich große Verantwortung für die Kinder übernehmen wollen, viel häufiger dann der Zugang zum Kind zugestanden wird, wenn viel Geld für Unterhalt gezahlt wird. Männer mit hohem Einkommen erhalten um 20 Prozent häufiger das gemeinsame Sorgerecht als Männer mit niedrigem Einkommen. Professor Dr. Amendt und sein Team ziehen daraus die Schlussfolgerung, dass sich Exfrauen oder Expartnerinnen weniger daran orientieren, ob ein Vater sich um die Kinder kümmert, sondern mehr an der Höhe der Zahlungen. Gerhard Amendt: „Es ist eine für die Beziehungen der Geschlechter bewegende Frage, ob Männer dem Ruf nach „neuer Väterlichkeit“ nur dann nachkommen dürfen, wenn sie die Erwartung ihrer Expartnerin nach finanzieller Absicherung weiterhin erfüllen wie diese sich das vorstellt. Im Klartext: Gut zahlende Väter haben bessere Chancen auf Väterlichkeit. Dass die Kinder aber ihren Vater wollen, spielt dann in den Trennungsauseinandersetzungen oftmals keine Rolle mehr.“
Die Chancen standen also nicht schlecht für mich, denn gut zahlen konnte ich ja jetzt.
So kam es dann auch, dass Andrea und ich beschlossen haben etwas für unsere Altersvorsorge zu tun. Ein Haus in der Nähe eines Naherholungsgebietes kam da grade recht. Natürlich wurde das Objekt so ausgesucht, dass auch ein nettes Zimmer für meine Kinder vorhanden war. Eine weitere Ausbaureserve unter dem Dach hätte dann sogar noch für eine kleine Einliegerwohnung für eines der Kinder gereicht. Dies ist allerdings nie umgesetzt worden, da die Kinder immer seltener zu Besuch kamen.
Schon während der Renovierung und des Umzugs kam es zu neuen Problemen. Obwohl der Unterhalt sofort angepasst wurde gab es neuerlichen Streit um das liebe Geld. Genug ist nicht immer genug, warum das jedoch so war sollte ich wenige Wochen später erfahren.
Jeder der sich schon einmal mit der Renovierung eines größeren Objekts beschäftigen musste weiß, dass man im Baumarkt schnell Stammkunde werden kann. Und ja, ich war Stammkunde. An einem Freitag nach Dienstschluss bin ich abends einmal mehr in den Baumarkt gefahren um Material zu besorgen. Das konnte ich glücklicher weise in bar bezahlen. Auf dem Rückweg wollte ich dann noch schnell tanken und stellte fest, dass ich nur noch zwanzig Euro im Portmonee hatte. Aber es gab ja an der Tankstelle einen Geldautomaten. Also die Karte rein, PIN eingegeben und den Wunschbetrag gedrückt. Plötzlich wurde der Bildschirm rot und es erschien der Hinweis, dass meine Karte eingezogen sei. Ein Schock in der Abendstunde. Als ich dann endlich zu Hause war, habe ich natürlich sofort die Hotline meiner Bank angerufen. Dort teilte man mir mit, dass man das Konto wegen negativer Schufa-Auskunft gesperrt hätte. Ich konnte es nicht fassen. Warum sollte ich eine negative Schufa-Auskunft haben? Ich hatte ja keine Schulden und ich bin noch nie jemanden etwas schuldig geblieben!
Das Wochenende war also vollständig versaut, denn ich konnte ja erst ab Montag auf die Sache reagieren. Kann ja nicht so schwer sein dachte ich. Die Schufa ist ja in Düsseldorf zu finden und dort habe ich am Montagnachmittag sowieso einen Termin. Also früh nach Düsseldorf zur Selbstauskunft. Irgendjemand muss mir doch erklären können was da los ist.
Bei der Schufa angekommen musste ich eine Wartenummer ziehen. Auf Nachfrage teilte man mir mit, dass die Wartezeit rund zwei Stunden betragen würde. So lange wollte ich nicht warten!
Ich habe dann mal bei den Wartenden gefragt wer denn die nächste Nummer hätte. Ein älterer Herr meldete sich und wir tauschten die Wartenummer gegen eine „Gebühr“ von
50,- Euro. Das war es mir Wert. Keine fünf Minuten später war ich an der Reihe und gelinde gesagt war ich nicht guter Laune.
Nach Schilderung der Situation bekam ich meine Auskunft. Alles in Ordnung - alles bestens, aber die Bank hatte da den Fehler begangen. Sie hatte wohl nicht vermerkt, dass das Konto nur noch auf meinen Namen lief und meine Ex-Frau nichts mehr mit dem vormals gemeinsamen Konto zu tun hatte. Denn es waren die Pfändungsbeschlüsse gegen meine Ex-Frau die dazu geführt hatten mein Konto zu sperren und meine Girokarte einzuziehen. Nicht weiter schlimm – die Bank hat ja auch eine große Niederlassung in Düsseldorf.
In der Bank angekommen, wollte ich dann mal schnell 10.000,- vom Hauskredit abheben. Wie nicht anders zu erwarten, war das nicht möglich, was mir ein nettes Gespräch mit dem Niederlassungsleiter einbrachte. Das verlief zu Beginn nicht ganz leise so, dass viele Kunden mithören konnten was mein Anliegen war. Als ich den Slogan der Bank laut vorgelesen hatte „Postbank – schließlich ist es Ihr Geld“, bemerkte ich noch, das dies vollkommen richtig sei. Es ist mein Geld, hier die Schufa-Auskunft, die Kontenklärung und die Anschrift meiner Rechtsanwälte. Dann noch schnell ein Telefonat vor versammelter Mannschaft der Bank mit meinem Rechtsanwalt geführt und schon wurde ich ins Büro gebeten.
Es gab Kaffe, Gebäck und eine Viertelstunde später war meine EC-Karte wieder aktiv. Die Bank hab ich dann sofort gewechselt. Das sollte mir nicht noch einmal passieren.
Einmal mehr die Erkenntnis gewonnen, dass scheiden weh tut und das Kindesentzug krank macht. Dies wird auch von Prof. Dr. Gerhard Amendt beschrieben.
Hier heißt es: „Wie sehr eine Trennung oder Scheidung verletzt, wird bei der Bearbeitung der Fragen nach gesundheitlichen Beschwerden sowie beruflichen Problemen deutlich. Fast drei Viertel der Väter, die an der Befragung teilgenommenen hatten, gaben an, dass die Trennung Auswirkungen auf ihre Gesundheit und auf ihren beruflichen Alltag hatte.
Zeitweilige gesundheitliche Beschwerden wurden von insgesamt 37,4 % genannt, ständige körperliche sowie vor allem seelische Beschwerden gaben 31 % an. Über 70 % der Väter mit ständigen gesundheitlichen Beschwerden hatten beim Abschied von den Kindern das Gefühl, alles verloren zu haben“
Ich scheine da in „guter Gesellschaft“ zu sein…