Ich hab kein Gehirn mehr!
(Fasaga, Oi-Punkband)
Ja – so kann man sich gelegentlich fühlen…
…wenn Mann es von allen Seiten bekommt.
Die Kinder benehmen sich immer ablehnender, sogar wenn es um Pferde geht. Mediatoren lassen einen ins offene Messer laufen, Jugendämter verstehen meine Nöte nicht, meine Ex-Frau und ihre Eltern unternehmen alles um mich als unfähigen und nichtsnutzigen Vater hinzustellen, Gerichte scheinen immer nur den Müttern in ihren Einschätzungen zu folgen, Arbeitskollegen sagen nach dem Kinderwochenende: „Du siehst heute aber mal wieder scheiße aus“ und gute Bekannte bemängeln, dass sich die Gespräche ja nur noch um meine Kinder drehen. All das nimmt kein Ende.
In der Summe kann Mann also schon den Eindruck gewinnen, als wenn es tatsächlich nur an einem selbst liegen würde, dass die Situation so verfahren ist. Mittlerweile beneide ich schon meinen sehr einfachen Arbeitskollegen. Er ist wirklich sehr nett und hilfsbereit, aber Ole ist wirklich sehr einfach. Nicht dass ich hier falsch verstanden werde. Es kann halt nicht nur Architekten geben, es muss auch die Leute geben die das Loch für das Fundament ausheben. Ole hat im Gegensatz zu mir nahezu keine Probleme. Er nimmt alles als gottgegeben hin und beschränkt sich auf die rudimentären Dinge wie essen, trinken, die Darmentleerung und die Weitergabe seiner Gene. Halt ganz einfach. Er sieht glücklich und entspannt aus. Das kann man von mir nun wirklich nicht behaupten.
Meine Gedanken kreisen im Hinterkopf ständig um meine Kinder, um meine Mutter die sehr unter dem Entzug der Kinder leidet, um Andrea bei der ich befürchte, dass nur ein ausgeprägter Hang zum Masochismus oder die große Liebe zu mir, sie davon abhält mich zu verlassen und nicht zuletzt die ständigen Selbstzweifel die sich mittlerweile auch auf meine Arbeit auswirken. An eine Nacht in der ich gut aus sanft geschlafen habe, kann ich mich schon fast nicht mehr erinnern. Unruhe, Alpträume, die Angst von meinen Kindern und Andrea verlassen zu werden sowie Zukunftssorgen plagen mich. Wie soll das enden? In einem großen Brand?
Das will und kann ich nicht zulassen. Doch wer kann mir helfen? Ich hatte keine Ahnung. Durch Zufall kam ich beim Jugendamt mit einem Mitarbeiter ins Gespräch der mit von einer Selbsthilfegruppe, den 14-Tage-Vätern, berichtete. Ich hatte es schon vor meinem geistigen Auge. Eine Gruppe von strickenden Weichspülern in Rollkragenpullovern mit langen fettigen Haaren und ich mittendrin.
So nach dem Motto: „Hallo ich bin Nikolaus und ich habe ein Problem“ und alle Antworten „Hallo Nikolaus“. Eine grauenhafte Vorstellung. So etwas kannte ich nur aus dem Fernsehen wenn es um anonyme Alkoholiker ging. Aber was soll es? Der Leidendruck war sehr groß und ich kann ja nicht immer nur meine Verwandtschaft mit meinen Sorgen quälen. Die Kontaktdaten hatte ich ja jetzt und so habe ich mich zu einem Treffen bei dieser Gruppe angemeldet.
Das Treffen fand in den Räumen der Caritas statt. Erste Etage Raum drei. Natürlich war ich pünktlich und konnte es zunächst nicht glauben. Da saßen tatsächlich rund zwanzig Männer im Kreis. Also doch dachte ich. Doch nun der zweite Blick auf die Runde. Banker, Ingenieure, leitende Angestellte, Verkäufer und Immobilienmakler. War ich hier wirklich richtig. Offensichtlich hat man mir meine Unsicherheit angesehen und mir zu Verstehen gegeben, dass ich hier in der Gruppe richtig sei. Die 14-Tage-Väter waren gefunden. Nach einigen Treffen wurde immer deutlicher, dass wir eigentlich alles Klone waren. Zwar mit leichten Variationen, aber in den Grundzügen hatte jeder von uns das gleiche erlebt und somit auch die gleichen Probleme.
Zum einen erschreckte mich die Tatsache, dass ich nicht alleine war, aber auf der anderen Seite war es ein tolles Gefühl nicht alleine zu sein – und nein – ich war gar nicht irre, das war wohl Normalzustand. Zumindest in dieser kleinen Gruppe, lokal beschränkt und möglicherweise ja die Ausnahme. Aber die eine oder andere Geschichte die ich dort zu hören bekam machte mir Mut. Auch wenn eine Geschichte dabei war die mich erschauern ließ.
Peter erzählte unter Tränen (Ja, auch Männer haben Gefühle und können weinen!), dass er seinen Arbeitsplatz verloren hatte. Damit nicht genug. Er wurde von den Nachbarn gemieden, „Freunde“ hatten sich abgesetzt, er hatte nahezu keine Sozialkontakte mehr, aus dem Sportverein, in dem er Jugendtrainer war, wurde er ausgeschlossen und seine kleine Tochter durfte er nicht mehr sehen. Was war bloß geschehen?
Peter war, wie wir alle, 14-Tage-Vater und ein erfolgreicher Autoverkäufer in einer kleinen Stadt. Eines Tages als er mit einigen Kunden in Verhandlung stand, kamen zwei Polizisten zu seiner Arbeitsstätte, konfrontierten ihn mit dem Vorwurf er hätte seine kleine Tochter in der Badewanne sexuell missbraucht, legten ihm Handschellen an und führten ihn unter Anwesenheit der Kunden und Kollegen ab. Schlechte Nachrichten verbreiten sich ja schnell und seien wir mal ehrlich zu uns selbst, wer will schon was mit einem Kinderschänder zu tun haben. Das ist schließlich das widerlichste was man sich vorstellen kann. Ein solcher Mensch ist kein Mensch und darf nicht weiter auf Gottes Erde wandeln. Therapie? Unnötig! Aufhängen oder Rädern sollte man solche Typen! Genau! Sofort! Kurzer Prozess und weg mit dem Abschaum!
Wie sich dann später herausstellte, war an den Vorwürfen nichts dran. Zum einen konnten keine ausreichenden Hinweise von sexueller Gewalt festgestellt werden und zum andren hatte ein Ortstermin ergeben, dass es auch „physikalisch“ nicht möglich war, dass Peter seine Tochter in der Badewanne beim gemeinsamen Bad missbrauchen konnte. Peter hatte nämlich nur eine kleine Sitzbadewanne in der er aufgrund seiner Körperfülle nur duschen konnte. Peter wog zum angeblichen Tatzeitpunkt rund 140 Kilogramm und war nun ein gebrochener Mann und ein Schatten seiner selbst.
Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Klenner beschreibt es wie folgt:
„Die Rede ist hier nicht vom Verdacht des sexuellen Missbrauchs, der zum Schutz des Kindes dringend aufzuklären ist, sondern soll den unberechtigten Vorwurf, der andere Elternteil habe das Kind sexuell missbraucht, behandeln. Aus dieser Thematik, deren ganzer Umfang einer besonderen Erörterung bedürftig ist, sollen hier nur zwei, für unsere Überlegungen bedeutsame Aspekte herausgegriffen werden. Zum einen wird der unberechtigte Vorwurf des sexuellen Missbrauchs hauptsächlich dann erhoben, wenn weder das Argument "Das Kind soll endlich zur Ruhe kommen" noch das Argument "... aber das Kind will ja nicht" zur Einschränkung oder gar zum Ausschluss des persönlichen Umgangs des Kindes mit seinem anderen Elternteil geführt haben. Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs ist dann eine letzte Trumpfkarte im "Kampf ums Kind". Wird der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Anfang an erhoben, entstammt er einem Kalkül, dem trotz der dahinterstehenden diabolischen Gesinnung ein taktisches Geschick nicht abzusprechen ist. Bei dem in solchem Falle anhängigen Strafverfahren kommt, was den Akteuren von vornherein bekannt ist und von ihnen bewusst in Kauf genommen wird, mangels eines Beweises nichts heraus. Zurück bleibt der Zweifel, dass es zwar sein kann, dass es aber auch nicht sein kann.“
Genau darum geht es den Akteuren: "Semper aliquid haeret". (Bei Francis Bacon heißt es im Textzusammenhang: Nur kühn verleumden, immer bleibt etwas hängen).
Meiner Meinung nach sind Mütter die so etwas ihren ehemaligen Partnern und somit auch den Kindern antun genauso ekelhaft wie die wirklichen Kinderschänder. Das Schlimme ist daran, dass nicht nur etwas im Umfeld des Betroffenen zurückbleibt sondern, dass die Zunahme dieser Fälle dazu führen kann, dass die echten Opfer während der andauernden Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft und die Polizei nicht geschont werden können. Sie müssen immer wieder peinlich genau von der Vergewaltigung den ekelhaften Details berichten und somit das Ereignis immer wieder aufs Neue durchleben.
Ich weiß nicht was ich getan hätte, wenn mich ein solcher Vorwurf getroffen hätte. Ich glaube ich hätte nicht damit leben können. Den Satz „Was hast du mit meinen Kindern gemacht“ hatte Erika ja schon einmal ausgesprochen. Wenn meine Kinder mal in der Badewanne spielen wollten oder fragten „Willst du mit uns Baden?“ habe ich geantwortet „Die Badewanne ist zu klein für uns drei.“ und das Badezimmer habe ich auch nur zusammen mit Andrea betreten wenn die Kinder gebadet haben.
Die Bösartigste aller Waffen ist die "üble Nachrede",
denn sie reißt Wunden die nie mehr verheilen!